Levetiracetam nach dem ersten epileptischen Anfall - Prospektive Untersuchung des Einflusses auf Stimmung und Aufmerksamkeit
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Date
2025-10-21
Authors
Publisher
Philipps-Universität Marburg
Abstract
Etwa jeder Zehnte erleidet im Laufe seines Lebens mindestens einen epileptischen Anfall, das Lebenszeitrisiko eine Epilepsie zu entwickeln liegt bei 2-7%. Somit sind Epilepsien und epileptische Anfälle wichtige neurologische Konditionen, welche eine Vielzahl an Menschen betreffen. Aufgrund der Möglichkeit der schnellen Eindosierung mit vergleichbarer Wirksamkeit, insgesamt guter Verträglichkeit und geringem Interaktionspotential ist Levetiracetam eines der am häufigsten zur Therapie von Epilepsien und epileptischen Anfällen eingesetzte anfallssuppressive Medikamente. Dieses ist in verschiedenen Studien mit einem gehäuften Auftreten von psychiatrischen unerwünschten Arzneimittelwirkungen wie depressiven Verstimmungen und mit einer Verbesserung der kognitiven Leistungen unter bestimmten Umständen assoziiert. Depressionen und Störungen der Aufmerksamkeit sind darüber hinaus wichtige Komorbiditäten von Epilepsien. Ziel der Arbeit ist es zu überprüfen, ob die Monotherapie mit Levetiracetam bereits in den ersten sechs bis 12 Monaten nach Beginn der Therapie und nach dem ersten epileptischen Anfall einen Einfluss auf die Stimmung und die Teilfunktionen fokussierte Aufmerksamkeit, geteilte Aufmerksamkeit und Flexibilität nimmt. Dazu wurden die Daten der Patienten unter Levetiracetam-Monotherapie ausgewertet und mit den Daten der Patienten unter Monotherapie mit anderen anfallssuppressiven Medikamenten und der Patienten ohne Einnahme dieser verglichen.
Als Datengrundlage dienten die erhobenen Daten der prospektiven Studie mit dem Titel „Monozentrische Studie zur Untersuchung des Effektes der neuen Diagnosekriterien für Epilepsie der International League Against Epilepsy von 2014 auf die Diagnosestellung nach dem ersten Anfall, auf Patientenzufriedenheit, Kognition und gesundheitsökonomische Faktoren“. Eingeschlossen wurden alle Patienten nach dem ersten epileptischen Anfall, die zwischen 24.03.2018 und 27.10.2020 in der Klinik für Neurologie und Neurochirurgie des UKGM-Marburg behandelt wurden. Die Stimmung bzw. das Vorliegen von Depressivität wurden anhand des Becks-Depressions-Inventar-Revision (BDI-II) erhoben und die Aufmerksamkeitsfunktionen durch die Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung (TAP) erfasst. Insgesamt wurden 163 Patienten nach dem ersten Anfall rekrutiert. Ausgewertet wurden die Daten von 32 Patienten für Das Becks-Depressions-Inventar-Revision und von 27 bzw. 24 Patienten für die Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung. Untersucht wurden jeweils die Ergebnisse der drei definierten Gruppen auf Veränderungen innerhalb von sechs bzw. 12 Monaten. Weiterhin wurden die Gruppen miteinander verglichen.
Gemessen an den Ergebnissen des BDI-II wurden keine signifikanten Veränderungen nach sechs oder 12 Monaten in den Gruppen und auch keine Unterschiede zwischen den Gruppen festgestellt. Somit konnte in der vorliegenden Studie kein signifikanter Einfluss der Therapie mit Levetiracetam auf die Stimmung gezeigt werden. Dennoch traten sowohl in der Gruppe der Patienten unter Levetiracetam-Monotherapie als auch der Patienten mit anderer anfallssuppressiver Medikation im Verlauf weiterhin auffällige Ergebnisse im BDI-II auf, während dies bei den Patienten ohne anfallssuppressive Therapie nicht der Fall war.
In der TAP wurde ein möglicher positiver Einfluss von Levetiracetam auf die Teilfunktion der geteilten Aufmerksamkeit, nicht aber auf die Flexibilität festgestellt. Die Patienten unter Levetiracetam-Monotherapie zeigten signifikant bessere Ergebnisse für die ausgelassenen Zielreize der Aufgabe „Geteilte Aufmerksamkeit“ nach 12 Monaten. Die Anzahl der ausgelassenen Zielreize gilt als ausschlaggebend zur Beurteilung des Subtests. Allerdings zeigten die anderen Gruppen in der weniger aussagekräftigen Testvariable mediane Reaktionszeit signifikant bessere Werte nach 12 Monaten, während diese Verbesserung bei den Patienten mit Levetiracetam-Monotherapie ausblieb. Die Ergebnisse des Subtests „Flexibilität“ veränderten sich in keiner der Gruppen signifikant. Insgesamt konnte also ein möglicher positiver Einfluss der Levetiracetam-Therapie auf einen Teilaspekt der geteilten Aufmerksamkeit gezeigt werden. Jedoch bleibt unklar, ob die gefundenen Veränderungen ausschließlich durch die Therapie mit Levetiracetam bedingt sind, da die Werte der ersten Testung nach der Rekrutierung für fast alle Testvariablen im Trend niedriger waren als die der zweiten Testung nach 12 Monaten.
Sowohl für die Untersuchung der Stimmung als auch der Aufmerksamkeit muss beachtet werden, dass eine geringe Zahl an Datensätzen für die jeweiligen Gruppen vorlag. Weiterhin wurde bei fast allen Patienten mit anfallssuppressiver Medikation nach dem ersten epileptischen Anfall eine Epilepsie diagnostiziert, während bei den Patienten ohne Therapie lediglich ein einmaliger epileptischer Anfall stattgefunden hatte. In vorherigen Studien wurde bereits ein möglicher negativer Einfluss einer Epilepsie im Vergleich zu einem ersten Anfall ohne Diagnose einer Epilepsie postuliert. Somit sollten die durchgeführten Untersuchungen an einer größeren Stichprobe wiederholt werden und auch erneut der mögliche Einfluss einer vorliegenden Epilepsie und weiterer Variablen wie Alter, Lebensqualität und Anfallsfrequenz untersucht werden.
Approximately one in ten people will experience at least one epileptic seizure, while the lifetime risk of developing epilepsy is around 2-7%. Thus, epilepsy and epileptic seizures are relevant neurological conditions that affect a large number of people. Due to superior tolerability and comparable efficacy, levetiracetam is one of the most commonly used seizure-suppressive drugs in the treatment of epilepsy and epileptic seizures. Levetiracetam has been associated with higher incidence of psychiatric adverse drug reactions such as depressive mood disorders in various studies. Moreover, improvement in cognitive performance has been reported. Besides, depression and attention disorders are considered important comorbidities of epilepsy. This study aims to investigate the influence of monotherapy with levetiracetam on mood and the sub-functions of selected attention six to 12 months after initiation of therapy following the first epileptic seizure. For this purpose, data of patients under monotherapy with levetiracetam were analysed and compared with data of patients under monotherapy with other seizure-suppressive drugs and patients without drug-treatment.
The data used for this study are based on the collected data of the prospective study entitled “Monocentre study to examine the effect of the new 2014 International League Against Epilepsy diagnostic criteria for epilepsy on post-first seizure diagnosis, patient satisfaction, cognition, and health economic factors”. Every patient with a first epileptic seizure who was treated at the Department of Neurology and Neurosurgery at the UKGM-Marburg between March 2018, and October 2020, was included to the study. A total of 163 patients were recruited after the first seizure. Beck’s Depression Inventory Revision (BDI-II) was administered for 32 patients at baseline, after six and twelve months. The Testbattery for Attentional Performance (TAP) test battery was administered for 27 respectively 24 patients at baseline and after twelve months. Intragroup changes over time were analysed and intergroup differences at baseline after six and twelve months were investigated.
Based on the BDI-II, no significant changes were found in the groups after six or 12 months. Moreover, no differences were found between the groups. Thus, there was no significant effect of levetiracetam treatment on mood in the present study. Nevertheless, abnormal results continued to occur in the group of patients under levetiracetam monotherapy as well as in the group of patients with other seizure-suppressive medication, whereas this was not observed in patients without seizure-suppressive therapy.
In the TAP, a possible positive influence of levetiracetam on divided attention, but not on attention flexibility, was found. Patients on levetiracetam monotherapy showed significantly better results for the omitted target stimuli of the divided attention task after 12 months. The number of omitted target stimuli is considered decisive for the assessment of this subtest. However, the other groups showed significantly better values in the less meaningful test variable median reaction time after 12 months, while this improvement did not occur in the patients with levetiracetam monotherapy. Results of the subtest "flexibility" did not change significantly in any of the groups. Overall, a positive influence of levetiracetam therapy on divided attention could be shown. However, it remains unclear whether the changes found are exclusively due to treatment with levetiracetam, as the values of the first test at baseline were lower for almost all test variables than those of the second test after 12 months.
Overall, a small number of patients complete the BDI-II questionnaire and the attention test battery. Furthermore, almost all patients with seizure suppressant medication were diagnosed with epilepsy after the first epileptic seizure, while the patients without therapy had only had a single epileptic seizure. Therefore, the assessments carried out in this study should be repeated on a larger sample and other variables such as the presence of epilepsy, age, quality of life and seizure frequency should also be investigated in the context of their influence on mood and attention.
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